Die Verwandlung

Ein Kind fragte mich einmal welche Farbe unsere Pferde haben und ich antwortete: ,,weiß“. Darauf sagte die Kleine: ,,Wolltest du immer weiße Pferde haben?“ Ich sagte: ,,Nein, aber auf die Farbe kommt es nicht an!“

 

Ich wollte früher nie ein weißes Pferd, ein großes Pferd und auf gar keinen Fall wollte ich eine Stute haben – dann begegnete ich meiner Joyce.

 

Sie stammt aus Ungarn und ging dort Springturniere. Unsere erste Begegnung war nicht umwerfend. Sie stand in der Box, ihr Blick sagte nichts aus und ihre Augen waren tot. Aber als man sie mir dann in voller Montur präsentierte, musste ich nachfragen, ob es sich um das selbe Pferd handle. Ich kaufte sie schließlich.

Doch  an der 1,75m großen Schimmelstute war etwas faul. Ein Ultraschall bestätigte meinen Verdacht – Fesselträgereinriss. Es handelte sich um eine alte Verletzung, die nie ausheilte. Also gab ich ihr etwas, was sie zuvor anscheinend noch nie bekommen hatte – nämlich Zeit. Da unser erster und auch letzter Einstell-platz ein reinstes Destaster war, suchte ich für uns etwas Eigenes, wo ich Joyci´s Bedürfnissen individuell nachkommen konnte. So wurde die White Horse Ranch gegründet – ein Fleckchen Erde im Weinviertel,  umgeben von Mutter Natur. Meine Familie und ich standen nun vor 3 Aufgaben: Joyci´s Pflege, den Stall auf Vordermann bringen und die Suche nach einem 2. Pferd. Ich verbrachte Nächte lang in Joyci´s Box – sie zog Verletzungen magisch an. Mein Vater werkte Tag für Tag, damit der Stall fertig wurde.

 

Bezüglich Pferdesuche, wurden wir gleich fündig, denn Benita´s Leidensgeschichte überzeugte uns sofort und so kaufte meine Mutter die 11 jährige bayrische Andalusierstute – die zufällig auch weiß war. Benita´s Vergangenheit war von wenig Pflege und Schlägen geprägt. Sie wurde nie wirklich zugeritten und als wir es versuchten, wurde uns ihre Vergangenheit erst so richtig bewusst. Das Hauptproblem bestand im Satteln und Beißen. Also begannen wir von vorn. Trotz viel Bodenarbeit, zeigten sich nur wenige Erfolge. Oft rannte sie einen einfach nieder oder fetzte gezielt aus. Später kam dann massives Buckeln noch dazu. Für meine Mutter war sie Benita – mein Vater und ich nannten sie Rodeo – Benita.  Da ich nicht mehr weiter wusste, fragte ich einige Reiter. Die einen schlugen den sanften Weg vor, andere waren der Meinung, dass sie mehr Disziplin bräuchte und fast alle sagten ,, Nimm einfach ein schärferes Gebiss!“ Doch ich wollte sie nicht zähmen – sondern ihr  lediglich zeigen, dass das Reiten schön sein kann. Also gab ich ihr die Zügel in die Hand bzw. Huf.

An einem sonnigen Nachmittag ging ich mit ihr ins Gelände ausreiten – ohne Sattel und ohne Zaumzeug, lediglich mit Halfter und Strick. Wohlbehalten und mit einem großen Lächeln kam ich zurück. Danach gab es keine Probleme mehr und das Buckeln ließ sie Gott sei Dank ganz bleiben. Wir konnten endlich  mit dem Zureiten richtig beginnen. Ich glaube, dass sie einfach selbst entscheiden wollte, ob sie geritten werden will oder nicht. Heute ist Benita das geländesicherste Pferd auf dem ich jemals reiten durfte. Wir haben für uns das Orientierungsreiten entdeckt und starten auch auf Turnieren. Im Einklang mit der Natur reiten wir dann mit Karte und Kompass und am Ende gibt es immer ein Art Geschicklichkeitsparcours  - dann kann ich Benita kaum mehr halten, weil sie so Spaß daran hat.

 

Und was trieb Joyce in dieser Zeit? Sie bekam 1 Jahr Ruhe und die Pflege, die ihr zustand. Heute läuft sie schmerzfrei. Ich kämpfte 2 Jahre um ihr Vertrauen,  denn Umarmungen oder Zuneigung ließ sie nur schwer zu. Außerdem schaute für sie anfangs alles bedrohlich aus – selbst die Koppel. So etwas kannte sie von früher einfach nicht. Ich ging mit ihr sehr viel spazieren und Gelassenheitstrainings waren an der Tagesordnung. Sie lernte jeden Tag neue Dinge kennen, doch die Alleingänge ins Gelände blieben ein Drahtseilakt. Joyci´s Unberechenbarkeit machte mir langsam Angst. An einem Tag konnte man mit ihr problemlos 20 km reiten und am nächsten Tag schaffte man es nicht einmal zum Tor. Durchgehen, buckeln, steigen waren noch harmlos – später entwickelte sie richtige Kombinationen. In der einen Sekunde war sie ganz gelassen und in der nächsten ein buckelnder Tornado – auch wenn es in meinen Augen weit und breit keinen Grund zur Aufregung gab. Man konnte sie auch nur sehr schwer beruhigen. Ich probierte viele Methoden zur Stressbewältigung  aus, doch es half nichts. Ich wusste es lang an mir, aber ich verstand es trotzdem nicht.

 

Eines Tages hatten wir einen Reitunfall, wobei ich mir mein Bein verletzte und Joyce vor lauter Schock wegrannte. Es drehte sich bei mir der Magen um, denn ich wusste sie muss, um in den Stall zu gelangen, eine gefährliche Straße überqueren. Das waren die schlimmsten 30 Minuten in meinen Leben. Als ich zur Straße kam, lag sie dort zum Glück nicht. Ich fand sie beim Stall vor dem Tor. Überglücklich umarmte ich sie, mir liefen die Tränen runter und es fiel mir eine richtige Last von den Schultern. Das war auch das erste Mal, dass sie bei der Umarmung nicht zurückwich. Sie legte ihren Kopf auf meine Schulter und atmete tief aus. Da verstand ich es. Sie hatte all die Jahre zuvor so viel durchge-macht, ihr Vertrauen wurde so oft missbraucht und sie musste einfach immer zu 100 % funktionieren. Deshalb wollte sie einfach sicher sein, wie es um meine Gefühle stand. Sie wollte fühlen, was sie mir bedeutet. Ich dachte immer durch die ganze Pflege und die viele Zeit, die wir verbrachten, weiß sie wie ich zu ihr stehe – nun dem war nicht so.

 

Seitdem kann ich mit ihr ruhigen Gewissens ins Gelände ausreiten gehen – ohne ihre tollen akrobatischen Kombinationen. Sie ist immer noch ein Sportpferd, aber eines in Pension und wenn man ihr heute in die Augen blickt, funkeln sie zufrieden zurück.

 

Es ist für mich nie selbstverständlich gewesen, dass ein Pferd einen Menschen trägt, doch leider sehen das nicht alle Menschen so. Ein Pferd darf  kein Material oder Spielzeug sein. Es sollte vielmehr als Lebewesen mit eigenen Willen behandelt werden. Jeder macht einmal Fehler, aber wichtig ist, dass man dazu steht und daraus lernt. Man darf diese großartigen und sensiblen Wesen nicht ausnutzen, denn Pferde sind gutherzig und ihre Seelen sind zerbrechlich – auch wenn es von außen hin nicht so scheint.

 

Joyce ist in mein Leben getreten und hat meine ganze Welt auf den Kopf gestellt – dafür danke ich ihr jeden Tag.

 

Autor: Nicole Keusch
PAP 4/2013

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