Hirschkäfer (Lucanidae) sind meiner Meinung nach aus mehreren Gründen die perfekten Käfer für die Heimtierhaltung. Erstens sind
die benötigten Bedingungen nicht schwer herzustellen, und zweitens ist die Lebenserwartung bei vielen Hirschkäferarten sehr hoch. Bei manchen Arten werden die Männchen mehrere Jahre alt, was für
einen Käfer eine unglaubliche Lebenserwartung ist. Die meisten Rosenkäfer (Centonidae) und Riesenkäfer (Dynastidae) haben im Vergleich dazu eine sehr kurze Lebenserwartung von ca. 3 Monaten. Und auch
ihr imposantes Erscheinungsbild mit den bei Männchen stark vergrößerten Mundwerkzeugen (Mandibeln), dem namensgebenden Geweih, macht sie zum Hingucker in jedem Terrarium.
Hirschkäfer allgemein
Die Familie der Hirschkäfer ist weltweit verbreitet und umfasst aktuell etwa 1200 Arten in knapp 100 Gattungen. Die Größten unter
ihnen erreichen Längen von bis zu 130mm. Die bekanntesten in Österreich verbreiteten Hirschkäfer sind Lucanus cervus & Dorcus paralellipipedus. Beide Arten sind auf der Roten Liste für gefährdete
Arten aufgeführt und gelten somit als vom Aussterben bedroht. Die meisten Lucaniden zeigen einen starken Geschlechtsdimorphisumus, die Weibchen sind meist kleiner als die Männchen und bilden kleinere
Mundwerkzeuge aus. Wie alle Käfer durchlaufen auch Hirschkäfer während ihrer Entwicklung mehrere Larvenstadien, bevor sie sich verpuppen und dann zum fertigen Käfer werden.
Die Käfer ernähren sich großteils von Blütenpollen und Baumsäften, die Larven von weißfaulem Holz und Pilz-Myzel.
Die Hirschkäferhaltung ist in der Regel recht problemlos. Vor allem Arten wie P. muelleri, L. adolphinae und viele Dorcusarten
sind auch für Anfänger empfehlenswert. Die meisten Arten bevorzugen Temperaturen um die 20°-22°C, gefüttert wird am besten mit Beetle Jelly. Als Unterbringung eigenen sich sowohl handelsübliche
Terrarien, wie auch große Plastikboxen. Als Bodengrund ist Laubwaldhumus die beste Lösung, die restliche Einrichtung sollte aus Ästen, Rindenstücken und etwas Laub bestehen. So gehalten können vor
allem die Männchen ein Alter von über einem Jahr erreichen.
Wenn es um die Zucht geht wird, es schon etwas schwieriger. Um den Tieren die richtigen Bedingungen zur erfolgreichen Eiablage zu bieten, gilt es zuerst heraus zu finden ob es sich um sogenannten
Stamm- oder Substratleger handelt. Stammleger legen ihre Eier direkt in weißfaules Holz von Laubbäumen, dazu bohren die Weibchen ein Loch in den Stamm, in welches das Ei gelegt wird. Bei
Substratlegern werden die Eier im Bodengrund in der Nähe von weißfaulem Holz vergraben, die Larven schlüpfen im Substrat und machen sich selbst auf die Suche nach weißfaulem
Holz.
Ist die erste Hürde genommen, geht es an die Einrichtung der Zuchtbox. Ich verwende zur Hirschkäferzucht ausschließlich Boxen ab
einem Fassungsvermögen von 45 Litern um Tiefe zu garantieren. Bei Stammlegern fülle ich zuerst ca. 5cm Laubwaldhumus in die Box und verteile dann mehrere weißfaule Holzstücke. Die Holzstücke haben
einen Durchmesser von 15-25cm und eine Länge von 20-40cm. Bevor ich die Holzstücke in der Box verteile, überbrause ich sie kurz und lasse sie dann ca. 10 Minuten abtropfen. So hat das Holz eine
gewisse Grundfeuchtigkeit, bevor es in die Box kommt. Wichtig ist, dass es vorher gut abtropfen kann, bei zu viel überschüssigem Wasser kann es zu Schimmelbildung kommen. Beim Verteilen der
Holzstücke achte ich darauf, dass diese in verschiedenen Positionen, also liegend, stehend und diagonal in der Box verteilt werden. So kann sich das Weibchen seinen ``Lieblingsstamm´´ selbst
aussuchen. Den verbliebenen Hohlraum zwischen den Stämmen fülle ich mit einem Gemisch von 50% weißfaulen Holzstücken und 50% Laubwaldhumus. Beim Auffüllen lasse ich meistens ein bis zwei Stämme aus
dem Substrat heraus schauen, diese Erhöhungen werden von den Männchen gern als ``Aussichtspunkt´´ genutzt. Bei den meisten Arten halte ich die Luftfeuchtigkeit recht hoch, sodass die Seitenwände der
Box immer leicht beschlagen sind.
Bei Substratlegern ist der Aufbau der Box eigentlich gleich. Jedoch verwende ich für die unteren 5 cm Substrat keinen Laubwaldhumus, sondern Walderde und es werden nur ein bis zwei Holzstücke zur
Hälfte ins Substrat eingegraben.
Beim Einsetzen der Tiere sollte man auf jeden Fall beachten, dass Hirschkäfermännchen sehr aggressiv sein können. Diese Aggressivität macht oft auch nicht vor Weibchen der eigenen Art halt. Daher sollten vor dem Zusammensetzen der Tiere einiges beachtet werden. Ich füttere vor dem Einsetzen in die Zuchtbox beide Tiere einzeln in kleinen Boxen. Erst wenn beide einiger-maßen verköstigt sind, versuche ich die Tiere zusammenzusetzen. Reagiert das Männchen aggressiv, setzte ich sie wieder aus-einander und versuche das Ganze in ein bis zwei Tagen nochmals. Bei erneuter aggressiver Reaktion des Männchens, verpaare ich die Tiere nur unter Aufsicht und setze nur das Weibchen in die Zuchtbox. Auch in der Natur finden sich die Tiere nur zur Paarung zusammen und gehen dann wieder getrennter Wege. Und oft ist es besser die Tiere zu vereinzeln bzw. mehrere Weibchen in der Zuchtbox zu halten, als ein Weibchen durch das Männchen zu verlieren. Die Haltung mehrerer Weibchen stellt im Normalfall kein Problem dar.
Die Larvenaufzucht
Um die Larven aufziehen zu können, muss man sie erst mal aus der Zuchtbox sammeln. Bei Substratlegern ist das keine Schwierigkeit,
einfach ca. 6 Wochen nach dem Ableben des Weibchens vorsichtig das Substrat durchsuchen. Bei Stamm-legern gestaltet sich das schon wieder etwas schwieriger. Das Wichtigste ist einmal zu wissen ob die
Larven zu Kannibalismus neigen. Wenn das nicht der Fall ist, kann man die Holzstücke getrost in der Box lassen und kontrolliert diese von Zeit zu Zeit auf geschlüpfte Käfer. Achtung! Die Männchen
sind untere-inander sehr aggressiv und wenn mehrere aufeinandertreffen, kann dies durchaus tödlich enden. Bei Larven die zu Kannibal-ismus neigen, müssen diese vereinzelt werden. Am besten versucht
man die Holzstücke vorsichtig mit den Fingern zu zerkleinern um an die Larven zu kommen. Wenn das Holz dazu zu hart ist, kann man einen Schraubenzieher zur Hilfe nehmen. Allerdings ist größte
Vorsicht geboten, da die Larven dabei leicht verletzt werden können.
Zur Aufzucht der einzelnen Larven verwendet man am besten Gefäße aus Plastik mit starken Seitenwänden oder Glas mit Schraubdeckel, bei denen ich 4 bis 5 Belüftungslöcher bohre. Die Gefäße werden mit
kleingehäckseltem weißfaulem Holz befüllt, welches am besten mit einem Hammerstiel verpresst und somit verdichtet wird. Dies dient dazu den Larven einen Holzstamm ``vorzugaukeln´´. Das Holz muss von
Zeit zu Zeit getauscht werden, spätestens jedoch, wenn es sich zu verfärben beginnt.
Mit dieser Methode züchtet man zwar keine Riesen, aber die Larven wieder zu Käfern zu ``bringen`` sollte so für jedermann ohne große Ausfälle machbar sein.
Mittlerweile gibt es natürlich eine Vielzahl an Aufzuchtmethoden, die hier vorgestellte bildet eine solide Grundlage, mit der es möglich ist Hirschkäfer zu züchten ohne teure Substrate oder
sogenanntes Kinshi (spezielle Hirschkäfer Nahrung auf Pilz-Basis) zu kaufen. Möchte man später an der Größe der Nachzuchten feilen, sind Zusätze wie Flake Soil, Kinshi und Proteinbeigaben
unerlässlich.
Viel Spaß bei der Zucht
Autor: Martin ``Wutzi`` Emich
PAP 2/2013