Wir haben das Pferd zwar zu unserem Hausgenossen gemacht, jedoch heißt das noch lange nicht, dass wir auch mit diesem so kommunizieren können, wie es für ein gegenseitiges Verstehen oft nötig wäre. Das Pferd begegnet uns mit seiner aus der Evolution entstandenen Natürlichkeit, und ist es nun an uns Menschen gelegen, diese Pferdesprache richtig zu verstehen, um mit unserem Liebling in Symbiose das Ziel zu erreichen, welches wir uns erträumen. Sei dies nur durch die bloße Haltung oder den Pferdesport.
Kürzt man diese Interpretation ab, so drängt sich einem das moderne Wort des "Pferdeflüstern" auf. Würde die Sprache mit dem Pferd so einfach sein, dann bedürfte es lediglich einiger Unterrichtsstunden und wir würden "pferdisch verstehen und sprechen" . Leider ist dies weit komplexer, denn nicht jeder Mensch hat das Talent mit Pferden "reden" zu können.
In diesem großen Bereich der Kommunikation mit Tieren/Pferden wird leider viel Unfug getrieben, denn viele meinen, wenn sie einen Wochenendkurs oder Lernseminare besucht haben, so verstehen sie jetzt alles und versuchen das investierte Geld durch Weitergabe in Unterrichtsstunden wieder einzubringen. Dieser Kreislauf baut sich wie ein Pyramidenspiel auf, sodass alle Informationen nur in der Begrenztheit des Wissenden weitergegeben werden. Der ursprüngliche Gedanke ist mangels der dazu gehörenden Praxis längst auf der Strecke geblieben. Denn egal in welchem Bereich, theoretisch Erlerntes kann nur in Verbindung mit ausreichender Praxis zum erfolgreichen Ziel führen. Erst dort sieht man dann, was entweder in der Theorie gelehrt wurde und versteht so manches erst durch die praxisbezogene Arbeit oder man lernt die Theorie durch die in der Praxis vorgegebenen Parameter anzuwenden.
Unzählige Homepages von Anbietern die dort glaubhaft darstellen dass sie „pferdeflüstern“ können, und das aus reiner Tierliebe weitergeben möchten (nebst dem Gedanken der selbstständigen Tätigkeit), machen die richtige Wahl des wahren Pferdeprofis schwer. Dieser setzt meist nicht viel auf Werbung sondern wird durch Mundpropaganda weiterempfohlen.
Wollen wir also mit unseren Pferden kommunizieren, dann müssen wir sie erst verstehen lernen. Wir müssen verstehen wie und warum Pferde so reagieren wie sie es tun und warum sie Handlungen setzen, die für uns nicht nachvollziehbar sind. Es gibt Naturregeln; kennt und beachtet man diese, so wird man plötzlich das Reagieren und Tun seines Pferdes in einem ganz anderen Licht sehen.
All die sich im Umgang mit dem Pferd ergebenden Probleme, wie z.B. sich nicht von der Koppel holen lassen, sich nicht satteln oder zäumen lassen, am Stall kleben, Handscheuheit, usw., haben einen Ursprung den wir verstehen lernen müssen. Dazu benötigt es viel praktische jahrelange Erfahrung über die viele hinwegsehen, weil sie meinen durch ausreichend Erlerntes genug Wissen zu haben. Für richtiges "Pferdeflüstern" bedarf es nicht nur teils vet.med. Kenntnisse der Pferdepsychologie und -physiologie sondern auch jahrelanger Erfahrung in der einem Dinge unterkommen, die es in aller grauer Theorie nicht gibt; auch wird man vor Probleme gestellt, deren Lösung in der richtigen Pferdesprache liegt, die man wiederrum nur dann dolmetschen kann, wenn man das Verhalten der Tiere ausreichend studiert hat.
Kurz gesagt, weder ein Wochenendkurs oder Seminarteilnahmen, noch ein vet.med.Studium (ohne ausreichend langer angewandter Praxis im Verhaltensbereich) können einem das vermitteln und die Pferdesprache so beibringen, wie die Natur selbst in dem sie einen vor Probleme stellt deren Lösung in den Naturgesetzen liegt.
Auch wenn Fernsehsendungen großer Verhaltensforscher trocken "schmecken", so haben sie viel Wissen in sich, was man nicht so einfach erlernen kann. Nur wer genau beobachtet, kann sich des Rätsels Lösungen effizient nähern.
Möchte man sein Pferd verstehen, so helfen diesbezügliche Kurse von wirklichen Experten sehr viel; sie vermitteln einem viel Wissenswertes aus dem man sich dann die Punkte heraussucht, die für das eigene Pferd anwendbar oder nötig sind, um die kleinen Probleme des Alltag damit lösen zu können.
Natürlich sollte man sich beim Auftreten spezieller Probleme einfach vertrauensvoll an einen Experten wenden. Dies deshalb, als jedes Pferd sein individuelles Lebensmuster hat und die Lösung eines expliziten Problems nicht aus der Teilnahme an einem Kurs abgeleitet werden kann. Das mag zwar momentan finanziell etwas aufwendiger sein; durch die persönliche Betreuung aber effizienter. Hat man sich dem Experten anvertraut, bedarf es auch einiger Geduld um den von ihm aus Erfahrung eingeschlagenen Weg gehen zu können. Dieser kann mitunter sehr holprig sein und einige Zeit (Monate) in Anspruch nehmen.
Der gute Pferdeprofi hat die nötige Erfahrung durch die ihm schon begegnete Vielfalt von Problemen der verschiedensten Pferde. Er kann aus einem großen Potential an Erfahrung schöpfen und sozusagen die richtige Schublade öffnen. Oftmals ist das Problem des Pferdes nicht wirklich groß, vielmehr das, den richtigen Profi zu finden.
Ein Kurs kann viel an Wissenswertem vermitteln; habe ich jedoch nicht das Talent Theoretisches auch in die Praxis umzusetzen und im jeweiligen Fall auch individuell anzuwenden (z.B. Körpersprache), sollte man besser die Finger davon lassen. Das Um und Auf ist die richtige Diagnose, die richtige Einschätzung und Erkennung des Problems, denn was wir oft sehen sind nur die Auswirkungen und nicht die Ursachen. Genau dazu gehört viel an praktischer Erfahrung und das Talent, unsere vierbeinigen Freunde zu verstehen.
Durch deren Mimik und Gestik drücken sie das aus, was sie „denken“ und „fühlen“; an uns liegt es diese Sprache zu verstehen, denn umgekehrt funktioniert dies nur begrenzt. Die menschliche verbale Kommunikation können Tiere nur in Verbindung mit einem optischen Lernprozess soweit nachvollziehen, in dem sie dann daraus „wissen“, was der Mensch beim Setzen von bestimmten Tönen möchte. Leichter fällt es ihnen, die optische Gestik des Menschen wahrzunehmen, denn das Verhaltensmuster der Körpersprache liegt dann wiederum im Naturgesetz.
Das was wir vom Pferd wollen, müssen wir ihm somit durch unsere Körperhaltung in Verbindung mit verbaler Kommunikation näher bringen. Wir müssen uns auf die Sprache des Tieres einstellen um den gewünschten Erfolg zu erzielen, den wir anstreben. Und dies beginnt im täglichen Umgang mit unserem vierbeinigen Kameraden und nicht erst unter dem Sattel.
Für echte Pferdefreunde beginnt Reiten also nicht im Sattel sondern im Zusammensein mit dem Pferd. Habe ich dann das Vertrauen meines Pferdes gewonnen und akzeptiert es mich als Herdenführer, werde ich viel Freude in allen Belangen haben. Denn ICH führe dann mein Pferd durch sein Leben und es weiß, es kann mir in jeder Situation vertrauen. Daher sollten wir bedenken, dieses Vertrauen niemals aus purem Egoismus auszunützen.
Pferde haben vielleicht nur ein kleines Gehirn, aber ein großes Erinnerungsvermögen!
Autor: HS
PAP 4/2013